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«Lernen fürs Leben?»

Soll die Schule unsere Kinder auf das Leben vorbereiten? Sicher. Wie sie das mit gewissen Themen tun will, ist mir jedoch schleierhaft.

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«Lernen fürs Leben?»

Soll die Schule unsere Kinder auf das Leben vorbereiten? Sicher. Wie sie das mit gewissen Themen tun will, ist mir jedoch schleierhaft.

Eines vorneweg: Ich finde unsere Schule super. Die Lehrer geben sich viel Mühe und unsere Kinder sind da sehr gut aufgehoben. Nun flatterten letzte Woche – bei euch sicherlich auch – wieder tonnenweise Mitteilungen aus der Schule in unser Haus: Semestertermine, Eislaufen (wo sich Mami eintragen kann, um die Kids zu fahren), Gsunde Znüni (...) und das neue Thema für die Monate nach den Sportferien. Unsere Schule hat jedes Jahr solche Themen. Bisher (soweit ich mich erinnern kann): Katzen, Hunde, Bauernhof, Loch (echt!) und unser Dorf. Das Dorf-Thema wird jetzt offenbar weitergezogen, denn der Zettel, den wir erhielten lautete «Offene Häuser». Darin werden die Dorfbewohner aufgefordert, ihre Häuser für die Klassen (bis Mittelstufe) zu öffnen, mit den Kindern zu basteln, backen oder sonst etwas zu tun, das uns gefällt oder woran uns etwas liegt.

Ich habe das Kästchen lange gesucht, bei dem ich «wir nehmen nicht teil» ankreuzen konnte. Es war ganz weit unten und ganz klein gedruckt... Wieso wir da nicht mitmachen wollen? Na ja, einerseits bastle und backe ich nicht sonderlich gerne und was mir am Herzen liegt, ist für Kinder einfach nicht spannend genug, denke ich. Sogar mein Mann, der viel interessanter weil kreativer wäre, gewinnt dem Projekt nichts ab. Und das ist eben unser zweites Problem. Auf das Risiko hin, elitär zu klingen, aber: Was bringt das den Kindern? Inwiefern erweitert es ihren Horizont, wenn sie in unserem 800-Seelen-Dorf, in dem sie sowieso schon fast jeden persönlich kennen, auch noch Häuser sehen, die sooo unterschiedlich voneinander nun auch nicht sind. Abgesehen von dem einen oder anderen Bauernhaus und den wenigen Design-Häusern, die es hier gibt.

Wäre der Fokus auf unterschiedliche Architektur gerichtet, könnte ich es noch nachvollziehen, davon steht aber im Schreiben der Schule nichts. Auch hätte ich verstanden – und sehr unterstützt – wenn es darum ginge, verschiedene Lebensweisen kennenzulernen. Doch bei einer Ausländerquote von gerade mal 7% und keinen anderen Religionen, als der christlichen (meines Wissens), ist es mit der Diversität nicht weit her.

Auf meinen Einwand hin, wieso die Schule nicht lieber mit den Kids ins Theater oder ins Museum geht, meinten Bekannte, vielleicht wäre das zu teuer. (Dass bei der Bildung gespart wird, ist ja nichts Neues). Aber ich wäre durchaus bereit, etwas beizusteuern (und im Dorf können sich das viele, wenn nicht alle, leisten). Natürlich sollten wir Eltern auch selber mit unseren Kindern ins Museum und ins Theater, aber die Schule steht doch für Chancengleichheit. Für ALLE Kinder.

Generell fällt mir auf, dass Kunst und Kultur – auch andere als die unsere - in den Schweizer Schulen nicht besonders berücksichtigt werden, das war zu meiner Zeit schon so. Aber auf dem Land scheint das noch extremer zu sein: Katzen, Hunde, Bauernhof, Loch. Wobei die Klasse meiner Tochter bei letzterem wenigsten ins Museum ging, da eine Ausstellung zum Thema stattfand. Gehört denn Kunst und Kultur in der Schweiz nicht dazu, wenn man das Leben kennenlernen will? Oder auch das Weltgeschehen. Man muss ja nicht politisch argumentieren, aber könnte man den Kids die Flüchtlingskrise nicht etwas näherbringen? Oder mit den drei Asylanten im Dorf diskutieren? Und vielleicht ein echtes Hilfsprojekt daraus entstehen lassen? Lernen fürs Leben ist übrigens der Slogan unserer Schule. Wirklich?

Was meint ihr? Verlange ich zuviel? Oder das Falsche?

Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann

Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann

Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen.




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