Zeichnen trainiert die Feinmotorik
Die Kindergärtnerin muss sich einiges einfallen lassen, um die Kinder zum Kreativsein zu animieren. Sie geht mit ihnen in den Wald oder gestaltet gemeinsam ein Bilderbuch. Wenn ein Kind gar nicht zeichnet, gibt sie auch mal eine Schachtel Farbstifte mit nach Hause. «Ich fordere das Zeichnen ein, weil ich sehe, dass sich meine Hartnäckigkeit lohnt, wenn der Übertritt zur Schule ansteht.» Zeichnen ist eine wichtige Vorstufe fürs Schreiben, trainiert es doch die Feinmotorik und die Stifthaltung.
Ist es ein Problem, wenn Kinder gar nicht malen? «Meine eigenen Kinder hatten Zugang zur ganzen Bandbreite an Maltechniken und haben sich trotzdem geweigert», sagt Andrea Bernath. «Sowohl meine Tochter als auch mein Sohn haben nicht gerne gemalt. Sie wollten sich lieber bewegen und draussen sein. Kaum wurde es jedoch emotional, hat mein Sohn das Malen genutzt, um zu verarbeiten. Zum Beispiel als der Hund vom Gotti gestorben ist.»
Ein Malort frei von Wertung und Lob
Malen, weil es einem selbst guttut, ohne Auftrag von aussen, ohne Wertung, das ist es, was Pädagogin Andrea Good und Malerin Seraina Borner in ihrem Malraum «malda» Kindern und Erwachsenen ermöglichen wollen. Ihr Atelier im Zürcher Kreis 5 ist ein geschlossener Raum mit einer offenen Farbpalette. Die Pinsel liegen immer am selben Ort. Das Papier hängt an der Wand und es wird im Stehen gemalt. Die einzigen Regeln im Raum haben mit dem Material zu tun, nicht mit dem Bild. Es geht nicht darum, wie viel oder was da produziert wird, denn die Bilder, die dort entstehen, verlassen den Raum nicht. «Für die Kinder ist es total in Ordnung, dass ihre Bilder niemandem gezeigt werden», sagt Andrea Good.
Im Atelier wird weder gelehrt noch gewertet. «Kinder haben in dem Moment, wo ihnen klar wird, worum es hier geht, keine grosse Mühe, vor dem weissen Blatt zu stehen», sagt Malleiterin Andrea Good.
Interessant sei, dass die Kinder oft mit Motiven anfangen zu malen, die sie schon kennen. Zum Beispiel Emojis. Sie haben dann den Raum und die Zeit, sich damit auseinanderzusetzen und plötzlich tauchen sie in ihre eigenen Welten ein. Je länger ein Kind ins Atelier kommt, desto mehr verlieren sich die angelernten Figuren und sie entwickeln ihre ganz eigenen Ideen aus sich heraus.