1. Das sagt die Katholikin
«Die Kirche darf sich nicht dazwischen stellen»
Franziska Driessen-Reding, Präsidentin Synodalrat Katholische Kirche Kanton Zürich:
wir eltern: Konservative Kreise wollen, dass die Ehe und Familiengründung heterosexuellen Paaren vorbehalten bleibt. Warum sehen Sie als oberste Katholikin des Kantons Zürich das anders?
Franziska Driessen-Reding: Die Liebe ist das Schönste, was uns Menschen im Leben geschenkt werden kann. Und Gott ist die Quelle jeder Liebe, er liebt alle Menschen so, wie sie sind. Homosexuelle und Queere sind keine Fehler in Gottes Schöpfung. Wenn zwei Menschen ihre Liebe auch vor Gott bezeugen wollen und um seinen Segen bitten, darf sich doch die Kirche nicht dazwischen stellen und das verhindern wollen. Wer sind wir denn…?
Widerspricht Ihre Haltung nicht dem christlichen Glauben, der sagt, dass Homosexualität Sünde ist?
Es gibt in der Bibel, im Alten wie im Neuen Testament, einzelne Verse, die das tatsächlich so sagen. Aber diese Texte sind zwei- bis dreitausend Jahre alt und stammen aus einer ganz anderen Kultur und Epoche. Man darf nicht einzelne Verse da rausbrechen und als geltende Regel für alle Zeiten verkünden. Das ist blanker Fundamentalismus. Das Verständnis von Homosexualität hat sich um 180 Grad gewandelt. Unsere Kirche hinkt da noch ein wenig hinterher.
Die Schweizer Bischöfe sind gegen die Ehe für alle. Können Sie deren Beweggründe nachvollziehen?
Sie haben Angst davor, das Sakrament der Ehe zwischen Mann und Frau, die auch offen ist für Nachkommenschaft, könnte mit der Ausweitung des Ehebegriffs verwässert werden. Natürlich ist eine Ehe zwischen Mann und Frau und eine homosexuelle Beziehung nicht genau das Gleiche. Doch beides sind Formen echter Liebe. Letztlich zählt für mich nur das.
Sollen gleichgeschlechtliche Paare Kinder zeugen oder adoptieren können?
Warum sollten zwei Männer oder zwei Frauen schlechtere Eltern sein? Adoption ist natürlich sehr sensibel, im Zentrum steht das Wohl des Kindes. Das gilt für Hetero- wie für Homopaare. Eine genaue Prüfung, in welche Umgebung ein Kind kommt, ist sehr wichtig.
Bezüglich Leihmutterschaft habe ich schon Bedenken. Sollte sie dereinst tatsächlich Thema werden, wie es die Gegner befürchten, müssen wir uns überlegen, wie verhindert werden kann, dass Frauen ausgebeutet werden, die aus Not ihren Körper «leihen». Fortpflanzungsmedizin als Geschäft müssen wir kritisch hinterfragen. Doch deswegen nun das Zeugungs- und Adoptionsrecht homosexueller Paare zu bekämpfen, ist total unglaubwürdig.