Informatik ab 1. Klasse
Programmierkenntnisse sind ein wichtiger Teil des Lehrplans 21. Schon für Erstklässler wurde ein Modul entwickelt: «Medien und Informatik.» Die Lernziele sind klar: Kinder sollen sich «in virtuellen Räumen orientieren können und sich entsprechend den Gesetzen, Regeln und Wertesystemen verhalten.» Oder: «Sie können einfache Problemstellungen analysieren, mögliche Lösungsverfahren beschreiben und in Programmen umsetzen.» Sprich: Bereits Erstklässler sollen programmieren lernen.
Die grosse Frage ist allerdings: Wie konsequent kann der Stoff vermittelt werden? Markus Hunziker, Mitglied der Arbeitsgruppe «Medien und Informatik» des Lehrplans 21 und selber Primarlehrer in Schönenwerd (SO), sagt: «Es gibt mit den ‹Regelstandards Informatische Bildung› einen klaren Auftrag, dass Elemente des Programmierens in den Unterricht einfliessen müssen.» Das sei in den meisten Kantonen der Fall. Selber beobachte er an vielen Schulen aber erst «kleine, zeitlich begrenzte Projekte». Zum Beispiel die Beschäftigung mit programmierbaren Robotern wie die «Bee- Bots». Die Schüler müssen dabei mit wenigen Tastendrücken selber einen Roboter programmieren, damit er sich vom gelben zum blauen Quadrat bewegt. Eine Übung, die bereits auf Kindergartenstufe sinnvoll sein kann, so Hunziker. Auf fortgeschrittener Stufe sieht Hunziker oft den «Thymio»- Roboter im Einsatz, der Schülern mit Sensoren und Aktoren die programmatische Wenn-Dann-Beziehung veranschaulicht.
Grossanlegte, koordinierte Bestrebungen, programmatisches Denken zu unterrichten, fehlen allerdings. «Viele Lehrkräfte müssen sich auch erst in die neue Thematik einarbeiten», sagt Hunziker dazu. Das brauche Zeit. Denn an den meisten pädagogischen Hochschulen erhalten angehende Lehrerinnen und Lehrer erst wenig Unterstützung, ihre eigenen Programmierkenntnisse zu vertiefen. Die PHBern gilt als eine der fortschrittlichsten Hochschulen. Über das obligatorische «Informatik und Medien»-Modul hinaus vertiefen sich Studierende hier in halbjährlichen Modulen wie «Programmieren mit Kindern – Das Universum in der Endlosschleife» oder «Robotik & Roberta – Lernen mit Robotern».
Wenn ein Kind auf einen Lehrer trifft, der von Programmieren nichts wissen will, gibt es nur eines: Das Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Angebote und Lehrgänge gibt es mittlerweile diverse (siehe Infobox).
Eltern sind skeptisch
Für Maggie Winter vom Schweizerischen Verein für Informatik in der Ausbildung (SVIA) sind aber in der Regel nicht die Lehrer das Problem. Sie sagt: «Wir erleben oft, dass gerade die Eltern das Programmieren überflüssig, zu schwierig oder zu spezifisch empfinden und deshalb dagegen ankämpfen.» Das sei kein positiver Anreiz für die Kinder. Ebenfalls nicht förderlich sind die immer knapper werdenden Ressourcen. Seit 2014 bietet der Non-Profit-Verein SVIA selber eine Einführung in die Programmiersprache Logo. Diese wurde an der US-Spitzenuniversität MIT speziell für Kinder entwickelt. Kinder können damit innert wenigen Minuten eigene kleine Programme entwickeln.
«Die Nachfrage nach unseren Primalogo-Kursen steigt kontinuierlich», sagt Winter. So sei der Kurs im ersten Jahr noch 25 Mal durchgeführt worden. Letztes Jahr bereits 55 Mal. Gerade bei der Lehrerschaft erkennt Winter ein grosses Bedürfnis. Hätten die Schulen mehr Geld zur Verfügung, würde sich die Nachfrage vervielfachen, ist Hunziker überzeugt. Bei den aktuellen Sparrunden, die die Politik der Bildung aufbrummt, sind die Aussichten darauf nicht sehr gut.