In Ihrem neusten Buch ist oft die Rede von der sicheren Kindheit. Wie können Eltern diese gestalten?
Indem sie dafür sorgen, dass rund um die existenziellen Verhaltensweisen – also Schlaf, Essen, Sauberwerden, Spielen – kein Beziehungsstress entsteht. Ein Kind schöpft Sicherheit, wenn es weiss: Wir können hier essen und es gibt keinen Stress. Ich kann schlafen und bekomme die Begleitung, die ich suche, ohne in Not zu geraten. Wenn die Stimmung zu Hause sinkt, wenn Eltern merken, wir haben keine leuchtenden Augen mehr, ist es Zeit, sich zu hinterfragen.
Was ist das Ziel der Kindheit?
Ich würde sagen: Das auszubilden, was es für das Neuland braucht, das Menschenkinder nun einmal zu besiedeln haben. Also Selbstbewusstsein, Rückgrat, die Fähigkeit gut für sich selbst, aber auch für die anderen zu sorgen. Unsere Kinder gehen ja auf eine Zukunft zu, die die besten Eltern nicht kennen können, sie werden sich neu erfinden, sie werden neue Dinge machen, neue Beziehungen und Familienmodelle eingehen. Dazu braucht es mehr als Folgen und Nachmachen, dafür braucht es echten Eigensinn!
Ein Autoritätsproblem ist für Sie demnach keins?
Was ist ein Autoritätsproblem?
Wenn man nicht gerne folgt und ausführt.
Das ist eine Riesenressource und wenn ich die Welt betrachte das Einzige, was unsere Gemeinschaft retten kann. Vor allem in unserem Erziehungssystem, das Kinder darauf polt, Fragen zu beantworten, die sie nicht selber gestellt hätten. Da wünsche ich mir ganz viele Kinder mit einem echten Autoritätsproblem.
Und ich sehe schon die ersten Facebook-Kommentare, die künftige Probleme solcher Kinder in der Berufswelt prophezeien.
Wir wissen nicht, wie die Berufswelt und die Welt von morgen ausschaut. Kindheit ist ein unschätzbar wertvoller Teil des Lebens und nicht die Aufwärmstrecke für den späteren Beruf. Anstatt uns um den späteren Beruf zu sorgen, sollten wir öfter nach leuchtenden Augen bei unserem Kind Ausschau halten. Wenn es die hat, wird es seinen Weg schon gehen.