Eltern erhoffen sich von Erziehungsbüchern nicht nur, ihr Kind besser zu verstehen. Manchmal sollen Ratgeber auch helfen, dessen Anlagen, Talente und Leidenschaften zu stärken.
Im Wunsch nach einem Ort, an dem die Dreijährige nach Herzenslust in Farbtöpfe greifen und ihrer Kreativität freien Lauf lassen kann, schwingt auch ein gewisses Unbehagen gegenüber einer kapitalistischen Gesellschaft mit, die nur fördert, was messbaren Nutzen bringt.
Nur geht laut Soziologe Zeller dabei oft vergessen: Der Kapitalismus hat genau diesen Wunsch nach Glück, Authentizität und Spontanität längst in sein heutiges Gewand integriert. Obwohl also die wenigsten Eltern mit der expliziten Absicht zum Ratgeber greifen, aus ihren Kindern ökonomisch nutzbringende, wettbewerbsfähige Bürger zu machen, bereiten sie sie doch letztlich genau darauf vor.
Gerade, indem sie in ihrer individuellen «Glückseligkeit» gefördert werden, sollen Kinder, gewissermassen hinter ihrem Rücken, zur ökonomischen Gesamtwohlfahrt beitragen.
Demokratischer Erziehungsstil
Was also tun angesichts all der Widersprüche, all der Vielfalt? Trotz unterschiedlichster Schwerpunkte vertreten die Elternratgeber der vergangenen Jahrzehnte fast durchgehend einen demokratischen, kindzentrierten Erziehungsstil, wie Christian Zeller in seiner Arbeit schreibt. Die Vermittlung von Selbstachtung und Einfühlungsvermögen, von Neugierde und Kreativität steht im Zentrum, und nicht zuletzt: die liebevolle Beziehung zwischen Eltern und Kindern.
So wenig Eltern verpflichtet sind, Erziehungsratgeber zu konsultieren, so wenig Grund gibt es, ihnen ganz abzuschwören. Vielleicht muss man sich beim Lesen einfach in Erinnerung rufen: Dass sich alles stets noch besser machen liesse, bedeutet keineswegs, dass nicht ausreicht, was tatsächlich ist. Aber auch das steht längst in einem Ratgeber.