Entwicklungsstufe 12 Jahre:
Teenager haben oft andere Interessen, als sich in ein gutes Buch zu vertiefen. Das darf sein. Denn ist das Fundament gelegt, kehren sie irgendwann wieder zum Lesen zurück. Vorbild sein und selber lesen!
I n dieser Altersgruppe nimmt das Interesse an Büchern ganz natürlich ab, weil anderes spannender wird», sagt AnneFriederike Heinrich. «Das gilt vor allem für Jungen. Mädchen greifen neuerdings zur boomenden Young-Adult- und YoungRomance-Literatur; es gibt etliche jugendliche Buchbloggerinnen, die auf TikTok ihre Leseerfahrungen teilen.» Diesen Boom findet Heinrich zwar toll. «Trotzdem sehe ich TikTok sehr kritisch, weil es auch sehr viele negative Seiten hat – die mit Büchern gar nichts zu tun haben.» Und trotzdem sollte man Neues, Unerprobtes nicht grundsätzlich verteufeln, einfach, weil man es nicht oder noch nicht versteht: «Ich bin für einen kritischen, aber ergebnisoffenen Umgang mit neuen Medien. Vielleicht zeigen uns die jungen Lesenden bald weitere Kanäle, über die sie sich fürs Lesen begeistern können und auf die wir alten Hasen gar nicht gekommen wären. Hauptsache, es geht ums Lesen.»
Die Verknüpfung des Lesens mit der Lebenswelt der jungen Menschen ist zentral. «Es könnte sich also lohnen, mit dem Teenager gemeinsam auf eine Buchmesse zu fahren und zu schauen, was ihn oder sie anspricht. Der Eventcharakter dabei ist nicht zu unterschätzen.» Auch Rituale können helfen. «Wenn sonntags die ganze Familie gemeinsame Lesezeit teilt, greift vielleicht auch das Pubertier zum Buch oder Heftli», so Heinrich. Bei ihr daheim liegen in fast jedem Raum Bücher, Hefte oder die Zeitung herum. Denn Lesen ist überall möglich: in Häppchen oder ganzen Geschichten, wie es gerade passt. Lesbares muss greifbar sein. Es hilft also, wenn ein Jugendlicher sein Umfeld, Mutter, Vater, Geschwister, zuweilen beim Lesen sieht. «Aber bitte, werft euch nicht immer mit einem Buch aufs Sofa, wenn euer Dreizehnjähriger hereinkommt», scherzt sie. Wichtig ist auch, die Handy- und Tabletzeit genau zu portionieren. «Nase aus dem Bildschirm ! Langeweile muss entstehen können, damit ein Buch überhaupt relevant wird.» Handy und Co. sollten über gewisse Zeitabschnitte aus dem Alltag junger Menschen verbannt werden. «Zum Beispiel abends. Ab 19 Uhr ist das Handy aus und Töchterchen kann gerne noch im Bett ein paar Seiten lesen, wenn es noch nicht schlafen mag. Wenn man solche Pfosten früh genug einschlägt, sollten sich solche Rituale durchsetzen können. Dann ist es auch kein Problem, wenn Jugendliche vielleicht lieber auf einem Kindle lesen, als in Papier zu blättern.»
Kein Zwang
«Bleibt ehrlich und authentisch und lasst zu, dass euer Kind eine andere Meinung hat als ihr. Ist das Fundament in früheren Jahren gelegt, wird das Kind ganz von selbst irgendwann wieder seine Nase in ein Buch stecken.» Und last, but not least: «Bei allem, was man unternimmt, um Kinder für Bücher zu begeistern, sollte nicht vergessen werden, dass es sich um Leseförderung handelt, nicht um Leseverordnung oder Lesezwang.» Der beste Weg, Kinder davon abzuhalten, auf Bäume zu klettern, sei, sie dazu aufzufordern. Und wer sie vor den «falschen Freunden» warne, habe nahezu eine Garantie, dass der Teenie genau mit diesen Kindern wird abhängen wollen.
«Also greift selbst mit Sonne im Herzen ab und zu nach Lesestoff und seid schönes Vorbild. Besser kann man es kaum machen.»