Woche 3: Tatort wäre jetzt schön
Mein Mann kneift die Augenbrauen zusammen, blickt vor sich hin, schüttelt den Kopf, nichts. Angestrengt sucht er nach etwas, wovon er mir erzählen könnte, noch nicht einmal die Hälfte seiner Redezeit ist um. Leiser Ärger über die wöchentliche Gesprächsveranstaltung mit ihren starren Regeln steigt in mir hoch. Es ist Sonntagabend, ich bin müde, wir sollten unsere Pläne für die kommende Woche besprechen. Ausserdem möchte ich lieber Tatort schauen, statt zuzusehen, wie zäh Minuten gerade vergehen. Andere Paare müssen ja aufregende Leben haben, sagt mein Mann, als das Update vorbei ist. So viel passiert doch niemandem in einer ganz gewöhnlichen Woche, dass man ständig allerhand Neues zu erzählen wüsste.
Ein paar Tage später kündigt mein Mann frühmorgens im Bett an: «Beim nächsten Update reden wir über Sex!» Mit einem Murmeln bedeute ich ihm meine Zustimmung. Stimmt, die Möglichkeit, ein Thema für unser Update-Gespräch zu setzen, hatten wir bisher noch gar nicht genutzt. Doch vor dem nächsten Austausch steht erst einmal Ostern an – ein langes Wochenende zu zweit, unsere Kinder gehen zu den Grosseltern. Am Abend besuchen wir eine Bar, über die wir schon seit langem sprechen. Schaukästen mit Zinnsoldaten und allerlei anderen Figürchen säumen die Wände, an der Decke sind altmodische Porzellanteller angebracht. Wir setzen uns an den Tresen und reden über Männer und Frauen. Ich erkläre, was den Schauspieler Lars Eidinger so anziehend macht, obwohl er eigentlich gar nicht mein Typ ist, und mein Mann hört mit derselben vorbehaltlosen Neugier zu, mit der das auch eine Freundin tun würde. Es ist diese Nähe, für die ich ihn so liebe. Ich weiss gar nicht mehr, wie wir auf das Thema gekommen waren, aber liegt nicht darin der Kern aller tollen Gespräche? Sie ergeben sich einfach. Man muss ihnen Raum geben, aber man kann sie nicht erzwingen.