Die 74-jährige Maria teilt sich mit ihrem Sohn und dessen Familie ein Zweifamilienhaus auf dem Land. Als es bei dem jungen Paar kriselte und die Ehe in die Brüche ging, zog die Schwiegertochter mit der damals 14-jährigen Enkelin aus, der 16-jährige Enkel blieb beim Vater. Seitdem hat Maria kaum noch Kontakt zu dem Mädchen. «Meine Schwiegertochter und ich hatten von Anfang an das Heu nicht auf der gleichen Bühne», sagt sie, «über die Trennung war ich fast schon froh, das hat nie wirklich gepasst zwischen den beiden.» Ihr Sohn fand schnell eine neue Partnerin, die Maria sehr mag und mit der sich auch ihr Enkel arrangiert hat – im Gegensatz zur Enkeltochter. «Sie nimmt es mir übel, dass ich die neue Frau ihres Vaters selbstverständlich zu Geburtstagen und Weihnachten einlade», sagt Maria. «Was ich ihr nicht verdenken kann, schliesslich war sie schon immer eher auf der Seite ihrer Mutter. Aber es bricht mir das Herz, dass wir keinen Zugang mehr zueinander finden.»
Nicht Partei ergreifen
«Es liegt in der Natur der Dinge, dass Eltern meist für ihr Kind Partei ergreifen und nicht für dessen Ex-Partner», gibt Thomas Hess zu bedenken. Genauso stellten sich Kinder häufig hinter das schwächere Elternteil. Wichtig für Grosseltern, denen am Kontakt zu ihren Enkeln liegt, sei es deshalb, auf keinen Fall Partei zu ergreifen – selbst wenn die Schwiegertochter den geliebten Sohn verlassen oder der Schwiegersohn ein Doppelleben geführt hat. «Denn ein Kind kann es nicht aushalten, wenn Mama oder Papa abgelehnt werden», sagt Claudia Starke. «Auch wenn es nicht offen thematisiert wird: Kinder spüren das; sie haben sehr feine Antennen.»
Kontakt halten
Waren es bisher oft Väter, die nach einer Trennung darum kämpfen mussten, ihr Kind zu sehen, trifft diese Sorge zunehmend auch Grosseltern. So wie Walter, dessen einziger Sohn sich vor drei Jahren von seiner Frau scheiden liess. Sie zog daraufhin mit den beiden Kindern in ihre Heimat zurück, 500 Kilometer weit entfernt. Der 68-Jährige sieht seither seine beiden Enkel, 5 und 6 Jahre alt, kaum noch. «Zu den Eltern unserer Ex-Schwiegertochter hatten die Kinder schon immer mehr Kontakt als zu uns, doch auch bei unserem Sohn sind die beiden mittlerweile nur sehr selten. Für uns bleibt da noch weniger Zeit.» Die Situation belastet Walter und seine Frau, sind die beiden doch ihre einzigen Enkel.
Haben Grosseltern ein Recht, ihre Enkel zu sehen, Herr Hess? «Nein», sagt der Therapeut, «auf vermeintliche Rechte zu pochen, ist da auch kein guter Ansatz.» Hingegen seien die leiblichen Eltern immer der Schlüssel zu den Enkelkindern. Konkret heisst dies: Versuchen den Kontakt zu halten, nicht nachlassen. Mehr könnten Grosseltern nicht tun.