Furcht vor Veränderung
Das gewohnte Bild, das wir vermittelt bekommen, durch Fernsehen, Zeitschriften, Internet, ist jedoch ein anderes: Michelle Hunziker etwa, die vier Tage nach der Geburt ihrer Tochter schon wieder im italienischen Fernsehen moderierte – im Minikleid und gertenschlank. Es sind jene Bilder, die bei vielen Frauen unrealistische Erwartungen erzeugen. «Frauen stehen heute unter Druck – während und nach der Schwangerschaft», sagt denn auch Franziska Summermatter, Inhaberin und Gründerin der Hebammenpraxis Zürich. Galt früher die Zeit der Schwangerschaft als eine Art Schonfrist, in denen Frau für einmal von sämtlichen Schönheitsidealen befreit war, ist heute alles sehr viel öffentlicher und weniger schamhaft. Wallende, kaschierende Gewänder, mit denen die rundlicher werdende Figur verhüllt wurde, sind abgelöst von eng anliegenden, bauchbetonenden Kleidern. Eine kleine Kugel vor sich her zu tragen, gilt gerade noch als annehmbar – selbst eine Kugel zu werden aber bitte nicht.
«Wie lange dauert es, bis ich wieder so aussehe wie vor der Schwangerschaft?», ist denn auch die zentrale Frage der Frauen, die in Franziska Summermatters Rückbildungskurse kommen. Die Hebamme wird dann nicht müde zu erklären, dass der Kurs nicht zum Abnehmen da ist, sondern in erster Linie, um den Beckenboden wieder auf Vordermann zu bringen. Doch die Furcht vor Veränderungen des eigenen Körpers sitzt tief. Eine britische Wissenschaftlerinnen veröffentlichte eine Studie, für die sie 739 Schwangere befragt hatten. Jede Vierte gab dabei an, grosse Angst vor einer Gewichtszunahme und der Veränderung ihrer Körperformen zu haben. Eine Tatsache, die allein nicht weiter verwundert. Denn keine Frau wird angesichts der Aussicht, in wenigen Monaten etwa 15 Kilogramm zuzunehmen, in Jubel ausbrechen. Schliesslich hat sich das Selbstverständnis von Schwangeren längst geändert. Spätestens seit viele Frauen wieder schnell in den Beruf einsteigen und im Schnitt in der Schweiz nur 1,53 Kinder bekommen, ist Kinderkriegen eine Episode, aber längst nicht einziger Lebensinhalt. Frauen wollen deshalb auch nicht immer nur als Mütter oder Ex-Schwangere wahrgenommen werden.