Ich sehe meinen Bub nie. Ich bin ständig auf Tournee, oft wochenlang im Ausland, und wenn ich zu Hause bin, bin ich sehr beschäftigt und habe Besprechungen, Proben und andere Termine. Oft komme ich abends spät von einer Vorstellung nach Hause, wenn er bereits im Bett ist, und wenn ich in der Früh aufwache, ist er schon im Kindergarten. Oder ist er bereits in der Schule? Ich bin, ehrlich gesagt, nicht sicher. Ich habe ihn schon so lange nicht mehr gesehen. Ich kann nicht mal mehr mit Bestimmtheit sagen, ob es überhaupt ein Bub ist, vielleicht ist es auch ein Mädchen. Ich weiss bloss, dass es ein Kind sein muss, denn zu Hause stolpere ich dauernd über irgendwelche Legos und Playmobilfiguren. Wenn ich wenigstens seinen Namen noch wüsste!
Haarsträubende Vorstellung, nicht? So habe ich mir das in meinen schlimmsten Befürchtungen vorgestellt, als ich mich darauf einzustellen versuchte, dass ich Vater werden würde.
Es kam aber ganz anders. Nämlich so: Kaum war unser Bub auf der Welt, habe ich mein Leben total umgestellt, habe all meine Aktivitäten komplett auf die neue Familie abgestimmt und wurde Hausmann! Ich bin seither nur noch zu Hause, habe alle Zeit der Welt, unserem Kind beim Wachsen zuzusehen und mit ihm die Welt zu entdecken. Wir verbringen die schulfreien Nachmittage auf dem Spielplatz, bauen Sandburgen, basteln Papierflieger, streifen durch den Wald und sammeln Bären und jagen Beeren. Daneben mache ich mit Hingabe den Haushalt und habe meine neue Leidenschaft, das Kochen, entdeckt und zaubere täglich marktfrische, abwechslungsreiche und biologisch wertwolle Menüs auf den Tisch. Daneben schreibe ich Kolumnen über meine Erfahrungen als Hausmann, gebe mehrmals wöchentlich Vorträge, werde als Vorzeigepapa in TV-Diskussionsrunden eingeladen und habe mehrere Bücher darüber geschrieben, wie es ist, ausschliesslich für die Familie und den Haushalt zuständig zu sein, als Hausmann mit Leib und Seele!